Mai 2025

Megaphon #351

K Wagner mehr.
Unser Visionär geht neue Wege.

Vor fast drei Jahren warf ich einen kritischen Blick auf meine Jahre auf der Schulbank. Ich verbrachte meine gesamte Schulzeit an Waldorfschulen – zwischen kupfernen Eurythmiestäben, „Formenzeichnen“ und skurrilen Lehrpersonen, deren pädagogische Qualifikation oft mehr Esoterik als Didaktik war.
Die Reaktionen auf meinen Rückblick waren eindeutig. Was mir denn einfiele, diese einzigartige Alternative derart schlechtzumachen; ich würde die Reputation der Waldorfschulen zerstören und nicht das Wesentliche im Blick haben. Das war nie meine Absicht – vielmehr sollte die Auseinandersetzung den Blick hinter die pastellfarbene Fassade ermöglichen. Das verstanden nur jene, die dem System ohnehin kritisch gegenüberstanden.

Wie immer gibt es jedoch nicht nur Schwarz und Weiß – sondern auch bunte Zwischentöne. Zum Glück! Die ersten sieben Schuljahre war ich Teil einer Schulklasse, die inklusiv konzipiert war. „Wir wollen ermöglichen, dass jede:r ihren und seinen Platz finden kann, im Austausch ist, mit Mitmenschen, mit Stärken und Schwierigkeiten umzugehen lernt und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft erfahren kann.“ – schreibt meine damalige Schule auf ihrer Website. Eine gute Idee, der zwar oft die Professionalität fehlte, die aber dennoch einen positiven Effekt erzielte: Gemeinschaft, in der Unterschiede nicht (per se) zum Ausschluss führten.

Viele Kinder stoßen im Alltag auf Hindernisse: Gehwege ohne Absenkung, Gebäude ohne Lift, überfordernde Supermärkte. Oder sie landen in Sonderschulen, weil das System keine Alternativen bietet. Ein Umstand, der sich im Erwachsenenleben weiter verfestigt – im Job, im Alltag, im gesellschaftlichen Miteinander.
Seit dem Amtsantritt der FPÖ-geführten Landesregierung ist Inklusion wieder Nebensache. Statt Ressourcen für integrative Bildung gibt es Lippenbekenntnisse zur Sonderschule – als wären Kinder mit Pflegebedarf dort besser aufgehoben. Der Behindertenrat sieht darin einen klaren Verstoß gegen internationale Konventionen.
Ein guter Grund, genauer hinzuschauen. Helene Purt ist Journalistin und studiert Musik mit Spezialisierung auf inklusive Pädagogik. Sie hat sich den Alltag in einer Volksschule angeschaut, in der in jeder Schulstufe eine Klasse als Integrationsklasse geführt wird (Seite 14). So wie in meiner Schulzeit.

Editorial von Claudio Niggenkemper

In diesem Monat zu lesen

 

Wo Inklusion an ihre Grenzen stößt – und warum sie trotzdem zählt.

Wie gelingt Inklusion im Schulalltag? In der Grazer Volksschule BIPS lernen Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam – engagiert, aber oft an der Belastungsgrenze. Was inklusive Pädagogik leisten kann, wo sie scheitert und warum sie trotzdem unverzichtbar ist, hat Helene Purt recherchiert.

Zum glücklichen Schicksal

Yuliia Malchevska flüchtete mit ihrer Familie aus der Ukraine in die Steiermark, Olha Dolischna lebt heute in der Westukraine. Gemeinsam unterstützen sie hunderte kriegsvertriebene Familien mit Lebensmitteln, Medikamenten und Hoffnung.

Quellen zu den Zahlen

500.0002,215Art..2423,98