Juli 2024

Megaphon #340

Guter Rat?

52.550 Euro. Es ist eine großzügige Summe, die wir dank des „Guten Rats für Rückverteilung“ (siehe auch Seite 30) erhalten. Die teaminterne Euphorie über den Erhalt tat gut. Denn sie erreichte uns in einer Woche, in der uns einmal mehr klar wurde, dass wir aufgrund ausbleibender Verkaufserlöse den Gürtel enger schnallen müssen.

Wie viele andere Sozialeinrichtungen kämpft auch das Megaphon ums Überleben. Lange waren wir als Straßenzeitung in einer verhältnismäßig privilegierten Situation. Wir mussten nicht alle paar Jahre auf eine Förderungsverlängerung von Stadt oder Land warten. Wir konnten unserer Zielgruppe zwar nie förderungsfrei „Hilfe zur Selbsthilfe“ anbieten, aber wir konnten gemeinsam mit unseren Klient:innen eine gute Basis schaffen – immerhin bleibt uns die Hälfte des Verkaufspreises. Doch die Zeiten haben sich geändert. Die Printkrise erreichte uns schon vor Corona, die Inflation hat auch uns und unsere Kund:innen getroffen. Es sind Entwicklungen, die nicht nur uns, sondern Straßenzeitungen weltweit betreffen. Nun haben wir mitten in diesen schweren Zeiten eine unerwartete Subvention erhalten. Viele, vom „Guten Rat für Rückverteilung“ ähnlich begünstigte Organisationen suchen nun weiteren „guten Rat“. Auch wir fragen uns: Stopfen wir finanzielle Löcher? Oder versuchen wir eine Investition, die unsere Existenz sichern könnte?

Ganz egal, wie wir uns entscheiden, auf lange Sicht ist selbst diese großzügige Zuwendung für uns ein Tropfen auf einen heißen Stein. Und damit sind wir nicht alleine. Insofern sollten Engelhorns ausgeschütteten Gelder schließlich als das verstanden werden, was sie sind: Zum einen eine öffentliche Mahnung an Gesellschaft und Politik, die Notwendigkeit der Umverteilung von Reichtum durch höhere Steuern für Wohlhabende zu erkennen. Und zum anderen bester Beweis dafür, was mit großen finanziellen Ressourcen passiert, wenn sie von 50 Österreich repräsentierenden Personen frei verteilt werden können: Es fließt zumindest kurzfristig wesentlich mehr Geld an soziale Einrichtungen, als es die öffentliche Hand für notwendig erachtet.

Peter K. Wagner, Chefredakteur

In diesem Monat zu lesen

URBAN
Grüne Daumen in kleiner Hand
Im Schulgarten „MINT & Minze“ der Praxisvolksschule Augustinum in Graz blüht nicht nur die Natur auf, sondern auch das Wissen der Kinder. Unter der Anleitung des Biologen Andreas Motschiunig lernen sie die Grundlagen der Gartenarbeit.

REGIONAL – 3 große Interviews mit…
Paul Pizzera ist Kabarettist und zusammen mit Otto Jaus einer der beliebtesten heimischen Musiker. In einem persönlichen Interview mit Peter K. Wagner spricht er über die Rolle von Prominenten im sozialen Engagement, die Wichtigkeit von Authentizität und seine persönliche Reise zur mentalen Gesundheit.

Nava Ebrahimi, geboren in Teheran und aufgewachsen in Köln, lebt seit 2012 in Graz und wurde 2021 mit dem Bachmann-Preis ausgezeichnet. Im Gespräch mit Peter K. Wagner spricht sie über ihre Erfahrungen als Migrantin, die Heraus­forderungen der Integration und die Bedeutung von Identität.

Josef Zotter ist Gründer der Zotter Schokolade GmbH. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen als Unternehmer, die Bedeutung von fairen Handelspraktiken und die Herausforderungen, denen er sich in seiner Karriere gestellt hat.

Die Interviews entstanden im Rahmen der 100-Jahre-Caritas-Podcast-Serie „Ein gutes Leben für alle“, in der Megaphon-Chefredakteur Peter K. Wagner prominente Persönlichkeiten vors Mikrofon bittet. Zu hören auf Spotify zum Beispiel.

QUELLEN ZU DEN ZAHLEN
2.0796580304 – 1.000.000 (Pressemitteilung Land.Schafft.Leben)