Megaphon #352
The first pride was a riot!
CSD in Graz. Zwischen Magenta-Wägen und tanzenden Menschen in Regenbogen-Bikinis versucht eine kleine Gruppe von Aktivist:innen, auf die Ursprünge der Pride aufmerksam zu machen. Auf einem Plakat steht: „The first Pride was a riot“. Damit wird auf die Stonewall-Unruhen (Seite 6) Bezug genommen, einen Aufstand gegen die Polizeigewalt an der LGBTQIA+-Gemeinschaft. Auf einem anderen Plakat steht „No Pride in Cops, no Cops at Pride.“ Eine Gruppe von Polizisten fordert die Aktivist:innen auf, das Plakat zu entfernen. Die Aktivist:innen haben keine andere Wahl, da sie die Parade nicht gefährden wollen. Selbst das kleine bisschen Riot verschwindet, während der Magenta-Wagen fröhlich vor sich weiter trällert.
Love, love, love, … und Party sind zwar schön und gut und vor allem wichtig für all jene, die das restliche Jahr über keine Gelegenheit haben, derart frei und offen auf der Straße zu feiern. Gleichzeitig gibt es zahlreiche Stimmen queerer Aktivist:innen weltweit, die dazu auffordern, den Pride Month zu nutzen, um auf die (zunehmenden) Gefahren und Diskriminierungen aufmerksam zu machen, denen queere Menschen ausgesetzt sind. Trump schafft die Option für einen dritten Geschlechtseintrag auf US-amerikanischen Pässen ab. Das ungarische Parlament verbietet Pride-Veranstaltungen. Der Irak führt ein Gesetz ein, das gleichgeschlechtliche Beziehungen mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft. Die georgische Regierung verbietet Pride-Veranstaltungen und öffentliche Darstellungen der Regenbogenflagge. Hassverbrechen gegen LGBTQIA+-Personen nehmen in Österreich um 20 Prozent zu …
All das und noch viel mehr ist seit der Pride letzten Jahres passiert. Ein besorgniserregender weltweiter Trend gegen queere Menschen. Daher widmen wir den Schwerpunkt dieser Megaphon-Ausgabe dem Pride Month – mit seinen Regenbögen, Love und Glitzer, aber auch dem Ursprung des CSD: Widerstand. In unserer Global-Geschichte (ab Seite 8) erzählen fünf Aktivist:innen aus fünf Kontinenten von ihren täglichen Kämpfen und den Repressionen in ihrem Land, aber auch von Solidarität, Mut und Hoffnung. Csaba, Melissa, Onyx, Gabriel und Luca berichten von einem Leben, in dem bloße Sichtbarkeit zum Akt des Widerstands wird.
Editorial von Julia Reiter
In diesem Monat zu lesen
Einmal Queer um die Welt
Fünf LGBTQIA+-Aktivist:innen aus Ungarn, Paraguay, Nigeria, der Türkei und den USA berichten über ihren Alltag zwischen Repression, Mut und Solidarität. Die Texte zeigen eindrucksvoll, wie queeres Leben in vielen Ländern immer noch kriminalisiert oder unsichtbar gemacht wird – und wie Sichtbarkeit zum Akt des Widerstands wird. Trotz Angst und Diskriminierung steht der Wunsch nach Freiheit und Zusammenhalt im Vordergrund.
Interview Austroschwarz/Mwita Mataro & Helmut Karner
Der Film Austroschwarz von Mwita Mataro und Helmut Karner thematisiert auf künstlerisch-experimentelle Weise das Schwarzsein in Österreich. Im Interview sprechen die Regisseure über ihre Beweggründe, den kreativen Entstehungsprozess und die Bedeutung von kollektiver Erinnerung.
Kinmen
Die taiwanesische Insel Kinmen liegt nur wenige Kilometer vor Chinas Küste – geografisch nahe an der Volksrepublik, politisch aber ein Teil Taiwans. Der Text schildert eindrucksvoll, wie sich dieser Spannungsraum anfühlt: Allgegenwärtige Spuren des Kalten Kriegs, Militärbunker als Touristenattraktionen und eine stille, fast vergessene Atmosphäre prägen den Ort.
Quellen zu den Zahlen