Text: Nadine Mousa
Fotos: Peter Pataki

John „Superjohn“ Okenrentie

Verkaufsplatz: Steirerhof, Jakominiplatz

Seit ich das Megaphon verkaufe … habe ich einen neuen Spitznamen: Superjohn. Alle nennen mich so. Denn vor ein paar Jahren hat das Management des Steirerhofs zu mir gemeint ich sei bei allem was ich mache so super, Superjohn eben.

Österreich bedeutet mir … sehr viel. Als ich 2004 von Nigeria nach Graz kam, bin ich von der Caritas so toll unterstützt worden. Ich war hilflos, konnte nichts alleine organisieren. Durch die Caritas habe ich eine Wohnung bekommen und zwei Jahre später begonnen das Megaphon zu verkaufen. Das ist eine enorme Hilfe. Auch gesundheitlich bin ich wirklich gut versorgt worden. Ich bin zuckerkrank, das wusste ich. Sie haben mich von oben bis unten untersucht und festgestellt, dass meine Augen nicht in Ordnung sind. Das rechte musste nach fünf Operationen entfernt werden. Heute habe ich ein Auge aus Plastik, das sehr echt aussieht. Ich nehme es abends raus, mache es sauber und gebe es wieder an seinen Platz. Das linke Auge habe ich auch im AKH Wien operieren lassen – darauf sehe ich kaum etwas, nur drei Prozent aber ich kann mich orientieren, wenn die Lichtverhältnisse stimmen. Bei Regenwetter oder starkem Sonnenschein sehe ich leider gar nichts.

Das Wichtigste für mich … ist meine Familie. Meine Frau und ich haben drei Kinder, die alle schon eine Weile aus dem Haus sind. Die Älteste lebt in Afrika, die anderen zwei in Österreich. Unsere Jüngste ist 25 und hat selbst schon zwei Kinder – ich bin der stolze Opa.

Von den Menschen wünsche ich mir … Ehrlichkeit und Geduld. Aufgrund meiner Beeinträchtigung glauben manche Menschen, dass sie mich austricksen könnten. Sie kaufen zum Beispiel ein Heft von mir, das drei Euro kostet, drücken mir aber nur siebzig Cent in die Hand und verschwinden schnell. Das ist schrecklich. Ich kann mittlerweile sehr gut ertasten, ob ich genug Geld bekommen habe, aber bis ich mit dem Zählen fertig bin sind diese Leute schon weitergegangen.

Kraft geben mir … mein Glaube an Gott und an mich selbst. 2012 hatte ich einen Schlaganfall. Meine linke Körperhälfte hat fast nicht mehr funktioniert. Mein Mundwinkel hing nach unten, so konnte ich kaum noch sprechen. Doch durch viel Therapie habe ich das wieder in den Griff bekommen. Mein Bein und mein Arm sind immer noch schwach, obwohl ich viel übe. Zu Hause habe ich einen großen Ball mit dem ich selbst trainiere. Ich möchte selbstständig sein, mich bewegen können.

Meinen Verkaufsplatz … finde ich super. Ich bin im Steirerhof sehr gut aufgehoben. Das Management ist ausgesprochen nett zu mir und auch die Verkäufer:innen im und um den Steirerhof sind super. Wenn ich komme, hole ich mir bei Bipa gegenüber meinen Stuhl – den darf ich dort aufbewahren. Die Angestellten grüßen mich immer gut drauf und freuen sich, wenn ich komme. Diese Wärme und Freundlichkeit tut gut.

Ich erinnere mich nicht gerne an … den 12. April 2021. Ich habe das Megaphon verkauft und plötzlich kam ein Mann und hat mich angesprochen. Auf einmal hat er mich von meinem Hocker gestoßen, ich wollte mich wieder aufrappeln aber da kam schon der nächste Tritt. Ich bin mit meinem Kopf gegen die Glasscheibe hinter meinem Sessel gestürzt. Glücklicherweise haben mir Passant:innen geholfen und die Rettungskräfte alarmiert. Ich war schockiert. Wenige Tage später ist der gleiche Mann wieder zu mir gekommen und hat sich ausgiebig entschuldigt. Er sei betrunken gewesen und bat mich um Verzeihung, er hat richtig gebettelt. Ich habe ihm verziehen, denn ein Gerichtsverfahren wollte ich nicht. Ich bin einfach froh, dass dieses Kapitel in meinem Leben kein schlimmeres Ende genommen hat.

An Graz mag ich … die alten Damen. Sie sind immer sehr freundlich zu mir, bleiben bei mir stehen, wenn ich verkaufe und quatschen ein paar Minuten mit mir. Das ist jedes Mal wirklich schön. Es gibt auch einen alten Herrn, der oft im Steirerhof einkauft und mir ein wenig Griechisch beigebracht hat. Immer wenn er kommt ruft er schon von Weitem „Kalimera!“ (Guten Tag!) und ich grüße ihn zurück, sage „Kalá, esí?“ (Gut, und dir?). Diese Begegnungen machen mich glückli